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Präventionskampagne "Haut - die wichtigsten 2m² Deines Lebens"

Im Rahmen der bundesweiten Präventionskampagne „Haut – die wichtigsten 2m² Deines Lebens“ beteiligte sich das Land Sachsen-Anhalt 2007 und 2008 als Kooperationspartner zum Thema „Feuchtarbeit“. Das Projekt setzte sich mit dem Tragen von „Hygienehandschuhen“ beim Verkauf von Fleisch, Wurst und Käse auseinander. 2009 erfolgte die Auswertung der Ergebnisse.  

Unsere Beobachtungen zeigten, dass bei solchen Verkaufstätigkeiten feuchtigkeitsdichte Handschuhe getragen wurden. Dieses Handschuhtragen führt zu einer erhöhten Feuchtbelastung der Haut mit dem Risiko des Entstehens einer beruflichen Hauterkrankung. Neben der Einbuße an Lebensqualität können solche Hauterkrankungen mit Arbeitsunfähigkeit als auch Tätigkeitsaufgabe und der daraus resultierenden beruflichen Neuorientierung verbunden sein.  

Das Argument der Unternehmen, dass das Handschuhtragen ein Hygienevorteil sei, ließ sich weder unternehmerseitig noch durch wissenschaftliche Untersuchungen untermauern. Lebensmittelrechtliche Vorschriften, die das Tragen solcher „Hygienehandschuhe“ verlangen, existieren nicht. Das konsequente Einhalten betrieblicher und persönlicher Hygienemaßnahmen und das Verwenden von Gabeln, Zangen oder anderer Hilfsmittel beim Verkauf gewährleisten die Qualität der Produkte und verhindern eine unnötige Belastung der Haut. Diese Meinung vertreten wir übereinstimmend mit der Fleischerei Berufsgenossenschaft, der Berufsgenossenschaft für Einzelhandel und Warendistribution und dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.  

Deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Unfallversicherungsträgern auf das unnötige und schädliche Tragen dieser Handschuhe aufmerksam gemacht und in den Handelsunternehmen beraten - zum Vorteil für Beschäftigte und auch für Unternehmer.  

In unserem Projekt konzentrierten wir uns schwerpunktmäßig auf die großen Handelsketten. Nach der Erfassung des Ist-Zustandes in den Unternehmen und Sensibilisierung sowie Beratung zur Feuchtarbeit wurde in einer zweiten Runde eine Überprüfung der Situation vorgenommen. Die Prüfung erfolgte in allen Betriebsstätten nach einem einheitlichen Fragespiegel.  

Bei den Erstkontrollen wurden 150 Verkaufseinrichtungen aufgesucht. Bezogen auf hautgefährdende Tätigkeiten an den Frischetheken wurden in 111 Einrichtungen Arbeitsschutzmängel festgestellt. Es handelte sich dabei vor allem um  

  • fehlende oder unvollständige Gefährdungsbeurteilungen,
  • Nichtbeteiligung von fachkundigen Personen, z.B. des Betriebsarztes, an der Gefährdungsbeurteilung,
  • fehlende Unterweisung der Beschäftigten zum Hautschutz,
  • fehlender Hautschutz / Hautschutzplan,
  • unnötiges Tragen feuchtigkeitsdichter Handschuhe beim Verkauf von Wurst, Fleisch und Käse  

Die Anzahl der Mängel summierte sich auf insgesamt 345, im Durchschnitt drei Mängel je Einrichtung.  

Die Nachkontrollen im Abstand von mehreren Monaten zeigten einen positiven Effekt. Fast überall war erkennbar, dass den Themen „Hautgefährdende Tätigkeiten“, „Hautschutz“, „Gefährdungsbeurteilung“ und „Hygienischer Umgang mit Lebensmitteln“ zwischenzeitlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde.  

Nachkontrollen wurden nicht in allen 111 Fällen für notwendig erachtet. In einem Teil der Betriebe ergab sich bereits nach einvernehmlicher Beratung beim Erstkontakt, dass vorgefundene Defizite umgehend abgestellt werden. Insgesamt sind 58 Einrichtungen für Nachkontrollen ausgesucht worden.  

Erfreulich war, dass in allen 58 Einrichtungen die Mängel in der Organisation des Arbeitsschutzes beseitigt waren. Auf den unnötigen Gebrauch feuchtigkeitsdichter Handschuhe beim Verkauf ist überall verzichtet worden. Schutzhandschuhe fanden berechtigterweise nur noch Anwendung bei hautgefährdenden Tätigkeiten, z.B. bei Reinigungsarbeiten oder beim Marinieren von Fleisch.  

Ein Unternehmen mit mehreren Filialen im Land zeigte sich allerdings völlig beratungsresistent. In diesen Filialen stehen heute immer noch die Verkäuferinnen mit Handschuhen an der Wurst-Fleisch-Käsetheke. Wir wissen, dass das hygienisch nicht nur keinen Vorteil bietet, sondern auch hygienisch bedenklich ist. Da das Unternehmen bereits nach dem Erstkontakt der Filialen durch die Geschäftsführung schriftlich mitteilte, dieses Verhalten nicht zu ändern, verzichteten wir dort auf Nachkontrollen. Auch die Problemerörterung mit Vertretern der Geschäftsführung hatte keinen Einfluss auf die festgefahrene Meinung zum Verhalten an der Frischetheke.  

Zusammenfassend kann festgestellt werden: Die Kampagne führte zur Aufdeckung zahlreicher Arbeitsschutzmängel im Hinblick auf hautgefährdende Tätigkeiten und sensibilisierte die betrieblichen Arbeitsschutzakteure zur Umsetzung einschlägiger Arbeitsschutzregelungen. Die Mehrzahl der Betriebe konnte von der Notwendigkeit der Maßnahmen im Interesse der Beschäftigten und auch der Unternehmen unter Gewährleistung der Produktqualität überzeugt werden. Damit wurde das Ziel der Kampagne erreicht.  

Wichtig für das Gelingen war, dass bereits in der Vorbereitungsphase der Kampagne die zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger, hier die Fleischerei-Berufsgenossenschaft und die Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution, über die geplanten Aktivitäten informiert wurden. Daraus entwickelte sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit, z.B. durch Abstimmung von Revisionen und Informationsaustausch über Revisionsergebnisse, Erarbeitung und Verbreitung eines gemeinsamen die Kampagne unterstützenden Flyers, aktive Teilnahme unserer Arbeitsschutzbehörde am BG-Forum 2007 in Berlin und am Symposium der Fleischerei-BG 2008 in Reinhardsbrunn.  

Insgesamt ist die Kampagne sowohl von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern als auch Beteiligten der Gewerbeaufsicht positiv aufgenommen worden. Sie zeigt darüber hinaus deutlich die Notwendigkeit einer Beratung und Kontrolle in den Betrieben vor Ort.      

Quellen  
Hygienische Aspekte beim Tragen von Einmalhandschuhen im Verkauf an Frischetheken, BGIA-Forschungsprojekt Nr. 2064 
Die Präventionskampagne Haut, Abschlussberichte von Kampagnenträgern und Kooperations-partnern, DGUV   
Saubere und gesunde Haut, Symposium der Fleischerei-Berufsgenossenschaft, 1. bis 2. Juli 2008, Tagungsband 

Gemeinsamer Flyer der BGHW, FBG und des LAV Sachsen-Anhalt

Ansprechpartner
Dr. med. Ralf Schlesinger
Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt
Fachbereich Arbeitsschutz, Dezernat Stoffliche/physikalische Gefahren, Medizinischer Arbeitsschutz
Kühnauer Str. 70
06846 Dessau-Roßlau
Tel.: 0340-6501-260, Fax: 0340-6501-288
E-Mail: ralf.schlesinger(at)lav.ms.sachsen-anhalt.de