Weitere West-Nil-Virusinfektionen 2019 – gegenüber 2018 steigende Fallzahlen
Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt – Presseinformation Nr. 073/2019
Halle, 13. September 2019
Halle. – Nachdem 2018 nur insgesamt zwölf West-Nil-Virus (WNV) Infektionen in Deutschland – davon sechs in Sachsen-Anhalt – nachgewiesen worden waren, bestätigt sich die Annahme, dass das Virus in Deutschland überwintert hat. Mit Stand 12.09.2019, 18.00 Uhr wurden vom vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) für 2019 bereits 37 WNV-Infektionen bei Vögeln und fünf Pferden bestätigt, davon fallen 13 Infektionen auf Sachsen-Anhalt.
Bisher konzentrieren sich die WNV-Fälle in der östlichen Mitte Deutschlands (siehe Abb. 1), namentlich in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Wobei Sachsen-Anhalt wie im letzten Jahr den ersten Fall meldete. 2018 waren außerdem noch Bayern und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils einem Fall unter den betroffenen Bundesländern.
In Sachsen-Anhalt sind bisher zehn Vögel und zwei Pferde als WNV-infiziert diagnostiziert worden. Bei einem Pferd besteht der starke Verdacht einer WNV-Infektion. Mit weiteren Fällen ist zeitnah zu rechnen.

In den Tabellen 1 und 2 sind die Einzelnen WNV-infizierten bzw. einer Infektion verdächtigen Tiere aufgeführt.


Neben dem WNV werden weiterhin auch in geringem Maße Infektionen mit dem Usutu-Virus (USUV) nachgewiesen, welches durch das Amselsterben bekannt wurde. 2019 gab es in Sachsen-Anhalt bisher nur zwei Virusnachweise bei zwei Amseln und einem Tannenhäher. Im Jahr 2018 wurden in Sachsen-Anhalt 18 an USUV verendete Vögel am LAV diagnostiziert. Da zurzeit nur vereinzelt tote Amseln und Singvögel eingesandt werden, ist eine repräsentative Aussage nicht möglich. Die bisherigen Nachweise zeigen allerdings, dass das Virus weiterhin in Sachsen-Anhalt präsent ist. Nichtsdestotrotz kann es durch die Anwesenheit von USUV zu deutlichen Einbußen in der Amselpopulation kommen, die zusätzlich durch den bekannten Insektenmangel unter Druck steht (siehe Abb. 2).

Da an einer WNV-Infektion im Gegensatz zu einer USUV-Infektion auch Menschen und Pferde schwer erkranken können, hat der Nachweis von WNV in einer Region einen ganz anderen Stellenwert als der Nachweis von USUV. Grundsätzlich sind Menschen für das USUV ebenfalls empfänglich, erkranken in der Regel aber nicht oder sehr selten mit Fieber und noch seltener mit einer Gehirnentzündung.
Das WNV stammt ursprünglich aus Afrika, ist mittlerweile aber in den meisten Kontinenten (Europa, Asien, Afrika, Australien, Nord-, Zentral- und Südamerika), oft in tropischen Regionen, verbreitet. Es gehört zur Familie der Flaviviridae und ist u. a. eng mit dem Usutu-Virus (USUV) verwandt.
Bei dem WNV (und auch dem USUV) handelt es sich um ein sogenanntes Arbovirus (Arthropod-borne Virus). Es wird durch Stechmücken (Culex-, Aedes- und vermutlich noch weitere Arten), welche auch in Nordeuropa vorkommen, übertragen. Der natürliche Ansteckungszyklus läuft von Wildvögeln über Stechmücken zu Wildvögeln. Der Eintrag in eine bisher freie Region erfolgt höchstwahrscheinlich über infizierte Zugvögel, an denen heimische Mücken Blut saugen. Die Temperaturen der jeweiligen Region entscheiden darüber, ob sich das Virus in der lokalen Mückenpopulation halten und so in die nächste Saison getragen werden kann.

Das WNV hat ein breites Wirtsspektrum und ist bei sehr vielen Vogel- und Säugetierarten nachgewiesen worden. An der WNV-Infektion erkranken aber hauptsächlich Rabenvögel, Greif- und Eulenvögel schwer und oft mit tödlichem Ausgang. Diese sind für das Virus die Hauptwirte, in denen es sich zu sehr hohen Konzentrationen vermehren kann.
Betroffene Tiere zeigen neurologische Symptome wir z. B. Apathie, Taumeln, Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten oder werden einfach tot aufgefunden.
Pferde und Menschen, die ebenfalls über stechende Insekten angesteckt werden können, sind für das Virus „Fehl- oder Endwirte". Sie vermehren das Virus nur zu geringen Konzentrationen und es zirkuliert bei ihnen nur über einen kurzen Zeitraum überhaupt im Blut. Hier ist die Wahrscheinlichkeit, dass das WNV von einer Mücke aufgenommen und weitergegeben werden kann, nahezu bei null.
Bei Pferden erkranken ca. 8 % der Infizierten Tiere mit Symptomen einer Gehirn- oder Gehirn-Rückenmarksentzündung. Klinisch zu sehen sind z. B. Ataxien (Taumeln, Gleichgewichtstörungen), Gliedmaßen-Schwächen und evtl. weitere Lähmungserscheinungen (z. B. Hängen der Lippen) sowie Schreckhaftigkeit. Von den neurologisch betroffenen Tieren stirbt etwa ein Drittel an der Infektion. Für Pferde stehen WNV-Impfstoffe von drei Herstellern zur Verfügung, die prophylaktisch eingesetzt werden können.
Die überwiegende Zahl der Infektionen beim Menschen verläuft unauffällig oder mild. Etwa 20% der Infizierten entwickeln eine fieberhafte Erkrankung, die 3–6 Tage andauert. Vorherrschend sind dabei plötzlich einsetzendes Fieber und Symptome eines grippalen Infekts. Nur etwa jede 150. infizierte Person erkrankt schwer. Ein wesentlicher Risikofaktor ist das Alter der Erkrankten. Personen über 50 Jahre, sowie Immunsupprimierte haben das höchste Risiko.
Eine Schutzimpfung für Menschen gibt es nicht. Wie bei anderen durch Mücken oder Zecken übertragbaren Infektionen zählen eine Vermeidung von Mücken- bzw. Zeckenstichen durch entsprechende Kleidung und Repellents (Insektenabwehrmittel), sowie die Reduzierung möglicher Brutstätten zu den Schutzmaßnahmen.
Der Nachweis einer Infektion erfolgt im Labor serologisch, durch Genomnachweis oder Virusanzucht. Der Verdacht oder der Nachweis einer Infektion beim Menschen unterliegen der Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz.