Abgrenzung und Produkteinstufung
Die Klärung des Produktstatus ist eine entscheidende Weichenstellung, die die anzuwendenden Rechtsgrundlagen und die Zuständigkeiten für die Überwachung und Untersuchung determiniert.
Arzneimittel sind in § 2 Arzneimittelgesetz definiert. Vielfach ist auch die Arzneimitteldefinition der europäischen Richtlinie heranzuziehen. Benachbarte Produktkategorien, zu denen eine Abgrenzung notwendig werden kann, sind insbesondere die Lebensmittel (einschl. Nahrungsergänzungsmittel, diätetische Lebensmittel und Novel Food), die Medizinprodukte, Kosmetika, Tabakerzeugnisse, Futtermittel und Biozide. Rechtssystematisch ist in der Regel so vorzugehen, dass geprüft wird, ob die Definition einer Produktkategorie erfüllt ist (Positivdefinition) und ob Ausschlusskriterien zutreffen (Negativdefinition). Können mehrere Produktkategorien zutreffen, ist im Einzelfall zu prüfen, welche Rechtsvorschrift Vorrang hat. Für den Inverkehrbringer hat die Einstufung weitreichende, auch wirtschaftliche Konsequenzen. Da an Arzneimittel besonders hohe Anforderungen gestellt werden und ein zeitlich wie finanziell aufwändiges Zulassungsverfahren durchlaufen werden muss, wird vom Inverkehrbringer vielfach versucht, eine Einstufung als Arzneimittel zu vermeiden.
Eine Probe wird i. d. R. zunächst von der Behörde gezogen, die gemäß der Herstellerdeklaration zuständig wäre. Wird allerdings eine andere Produkteinstufung gutachterlich festgestellt, wechselt die Zuständigkeit entsprechend. Es ist bundesweit üblich, dass die Arzneimitteluntersuchungsstellen im Auftrag der Arzneimittelüberwachung oder anderer Behörden Abgrenzungsgutachten erstellen. Darüber hinaus können die Landesbehörden auch nach § 21(4) AMG eine Anfrage zur Zulassungspflicht an die zuständige Bundesoberbehörde stellen. Im Falle von Arzneimitteln ist nicht nur die unmittelbare Produktkennzeichnung, sondern die objektive Zweckbestimmung zu ermitteln, also alle Merkmale, insbesondere Zusammensetzung, pharmakologische Eigenschaften - wie sie sich nach dem Stand der Wissenschaft feststellen lassen -, die Modalitäten des Gebrauchs, den Umfang der Verbreitung, die Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die eine Verwendung mit sich bringen kann, zu berücksichtigen.
Wird die Arzneimitteleigenschaft festgestellt, kann die Überwachungsbehörde z. B. ein Verbot der arzneilichen Aufmachung oder aber ein völliges Vertriebsverbot verhängen. Die behördliche Entscheidung muss ggf. einem Verwaltungsgerichtsverfahren standhalten. Daneben gibt es auf diesem Gebiet zahlreiche wettbewerbsrechtliche Verfahren vor ordentlichen Gerichten, angestrengt z. B. von Konkurrenten und Verbänden. Die Abgrenzung und Produkteinstufung ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die dem Verbraucherschutz sowie dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dient. Dieses Ziel soll jedoch mit Mitteln erreicht werden, die die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie und den Handel mit Arzneimitteln nicht unverhältnismäßig hemmen (vgl. Erwägungsgründe der Europäischen Arzneimittelrichtlinie).