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Abrechnungsdaten aus Allgemeinarztpraxen bestätigen erhöhte Diabetes- und Herz-Kreislauf-Krankheitslast in Sachsen-Anhalt

Landesamt für Verbraucherschutz - Presseinformation Nr. 9/2021
Halle, 21. April 2021

Das Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) hat in den vergangenen Jahren im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung wiederholt auf eine hohe Quote von Krankenhausfällen infolge von Diabetes Typ 2 und bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) in Sachsen-Anhalt hingewiesen2-6,9. Neben der Altersstruktur der Bevölkerung, der geringeren ambulanten Arztdichte, den weiteren Anfahrtswegen und möglichen Defiziten in der Notfallversorgung wurde vor allem eine überproportional weite Verbreitung ungesunder Lebensstile als Ursache diskutiert1-4,7-9.

Um zu prüfen, ob die hohe Behandlungsquote bzgl. Diabetes Typ 2 und HKE nur auf den stationären Bereich beschränkt ist oder auch im ambulanten Bereich (d.h. in Arztpraxen) festzustellen ist, hat das LAV erstmalig kassenübergreifend Abrechnungsdaten von gesetzlich Versicherten in Allgemeinarztpraxen in Sachsen-Anhalt und in Deutschland verglichen. Dazu wurden öffentlich zugängliche Statistiken der kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) des Jahres 2015 verwendet (letzte Veröffentlichung der betreffenden Daten durch die KBV).

Es zeigte sich, dass 2015 auch in Allgemeinarztpraxen in Sachsen-Anhalt Diabetes Typ 2 und bestimmte HKE-Schlüsseldiagnosen deutlich häufiger vorkamen als im Bundesdurchschnitt (siehe Abb. 1). Dies beweist, dass die hohen Behandlungszahlen im Krankenhaus in Sachsen-Anhalt nicht allein strukturell bedingt sind (durch eine eventuelle Verschiebung aus dem ambulanten in den stationären Bereich aufgrund der geringeren ambulanten Arztdichte), sondern dass die Bevölkerung Sachsen-Anhalts anscheinend tatsächlich - stationär und ambulant - häufiger infolge dieser Erkrankungen behandelt werden muss. Zum Teil ist die erhöhte Diabetes- und HKE-Morbidität dadurch bedingt, dass es sich um Erkrankungen handelt, die im Alter häufiger vorkommen, und die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt insgesamt älter ist als die gesamtdeutsche Bevölkerung. Allerdings zeigt der Vergleich von alterskorrigierten Fallquoten, dass die Diabetes- und HKE-Morbidität im Land auch unabhängig vom Alter (in allen Altersgruppen) gegenüber dem Bundesdurchschnitt deutlich erhöht ist (siehe Abb. 2).

Dies bestätigt die in früheren Berichten des LAV vertretene Hypothese, dass die hohe Diabetes- und HKE-Morbidität in Sachsen-Anhalt maßgeblich auch durch eine überdurchschnittlich weite Verbreitung ungesunder Lebensstile - auch in der jüngeren Bevölkerung - bedingt ist (v.a. mangelnde Bewegung, ungesunde Ernährung, Tabak- und Alkoholkonsum).

Die betreffenden, schon vor etlichen Jahren ausgerufenen Landesgesundheitsziele sollten deshalb weiterhin mit Nachdruck verfolgt und bezüglich besonders gefährdeter Zielgruppen fokussiert werden9.

Das LAV hat bei der KBV eine Sonderauswertung mit aktuelleren Daten beantragt, um die Analyseergebnisse des Jahres 2015 zu bestätigen.

Für weitere Informationen besuchen Sie uns im Verbraucherschutzportal unter

 

https://verbraucherschutz.sachsen-anhalt.de/

1(2008): Alkoholbezogene Krankheitslast und Sterblichkeit in Sachsen-Anhalt. Fokusbericht der Gesundheitsberichterstattung des Landes. Ministerium für Gesundheit und Soziales Sachsen-Anhalt, Hrsg., 88 Seiten. 

2(2008) Gesundheitsziele und Gesundheitsförderung in Sachsen-Anhalt. Fokusbericht der Gesundheitsberichterstattung des Landes. Ministerium für Gesundheit und Soziales Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 112 Seiten.

3(2008) Entwicklung eines gesunden Bewegungsverhaltens und Verbesserung von Bewegungsangeboten für die Bevölkerung und Förderung eines gesunden Ernährungsverhaltens und gesunder Ernährungsangebote für die Bevölkerung. Kurzbericht zur 4. Landesgesundheitskonferenz: Zehn Jahre Gesundheitsziele Sachsen-Anhalt – Bilanz und Ausblick. Ministerium für Gesundheit und Soziales Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 13 Seiten.

4(2013) Herz-Kreislauf-Erkrankungen und assoziierte Diagnosen bei unter 65-Jährigen in Sachsen-Anhalt. Fokusbericht der Gesundheitsberichterstattung für das Land Sachsen-Anhalt. In: Gesundheit der arbeitsfähigen Bevölkerung in Sachsen-Anhalt. Bericht zur gesundheitlichen Lage, zum Arbeitsschutz und zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Ministerium für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalt (Hrsg.), Seite 53-105.

5(2014) Bluthochdruck (Hypertonie) ist eine wichtige Determinante bei der erhöhten Herz-Kreislauf-Morbidität in Sachsen-Anhalt. Schlaglicht Gesundheit Sachsen-Anhalt Nr. 1/2014. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 1 Seite.

6(2015) Routinedaten der Gesundheitsberichterstattung zur gesundheitlichen Lage von ≥65-Jährigen in Sachsen-Anhalt. Fokusbericht zur 7. Landesgesundheitskonferenz. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 99 Seiten.

7(2016) Ungesunde Lebensstile und gesundheitliche Risikofaktoren in Sachsen-Anhalt. Schlaglicht Gesundheit Sachsen-Anhalt Nr. 4/ 2016. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 2 Seiten.

8(2017) Tabakkonsum und tabakbezogene Krankheitslast in Sachsen-Anhalt – auch eine Frage des Geschlechts. Schlaglicht Gesundheit Sachsen-Anhalt Nr. 2/2017. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 7 Seiten.

9(2017): Auf dem Weg zu mehr Gesundheit. Überblick über die gesundheitszielebezogenen Veröffentlichungen des Landesamtes für Verbraucherschutz. Einschätzung der Aktualität der Landesgesundheitsziele aus Sicht der Gesundheitsberichterstattung. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 18 Seiten.

Legende zu Abb. 1 und Abb. 2:

1 Alle Krankenhausfälle in Deutschland innerhalb eines Jahres (gesetzlich und privat Versicherte). Ein Krankenhausfall kann nicht mit einer Person gleichgesetzt werden, da dieselbe Person innerhalb eines Jahres mehrere Krankenhausfälle verursachen kann.

2 Ein Behandlungsfall bezeichnet sämtliche Leistungen, die für einen Patienten in einem Quartal in einer konkreten Praxis (Betriebsstätten-Nummer) abgerechnet werden. Erfasst sind hier nur gesetzlich Versicherte (Anteil an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2015: Deutschland: 86,1%, Sachsen-Anhalt: 92,5%). Ein Behandlungsfall kann nicht mit einer Person gleichgesetzt werden, da dieselbe Person innerhalb eines Quartals mehrere Behandlungsfälle verursacht, wenn er in mehreren Arztpraxen behandelt wird.

3 Praxen von Allgemeinmedizinern und hausärztlichen Internisten (in Sachsen-Anhalt zusätzlich etwa 1,5% der Behandlungsfälle von praktischen Ärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung).

4 Krankenhausdiagnosen: nur die jeweilige Hauptdiagnose bei Entlassung.

Diagnosen in Allgemeinarztpraxen: mindestens einmalige Behandlung & Abrechnung der betreffenden Diagnose innerhalb eines Quartals beim betreffenden Behandlungsfall. Wird dieselbe Diagnose desselben Patienten im selben Quartal in zwei unterschiedlichen Praxen behandelt & abgerechnet, so erscheinen in der Statistik zwei Behandlungsfälle mit der betr. Diagnose. Für einen Behandlungsfall können mehrere, gleichzeitig vorliegende Diagnosen abgerechnet werden. Abrechnungsfähig sind nur "behandlungsbedürftige Diagnosen", es wird nicht zwischen Haupt- und Nebendiagnosen unterschieden.

5 Etabliertes Verfahren der Gesundheitsberichterstattung. Altersstandardisierte Krankenhausfallquoten sind beim Statistischen Bundesamt veröffentlicht (www.gbe-bund.de).

6 Eigene Berechnung des Landesamtes für Verbraucherschutz: Multiplikation der rohen Behandlungsfallquoten in Allgemeinarztpraxen mit einem Korrekturfaktor, der sich aus der Diagnose- und Jahres-spezifischen Reduktion der rohen Krankenhausfallquoten nach Altersstandardisierung ergibt.

 

Datenquellen:

Statistisches Bundesamt: Krankenhausdiagnosestatistik (zitiert nach www.gbe-bund.de)

Kassenärztliche Bundesvereinigung: Honorarberichte (https://www.kbv.de/html/honorarbericht.php)

Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt: Diagnosestatistiken nach Fachgruppen (http://www.kvsa.de/praxis/verordnungsmanagement/praxisbesonderheiten/diagnosestatistiken.html)

Bundesministerium für Gesundheit: KM6-Statistik (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/zahlen-und-fakten-zur-krankenversicherung/mitglieder-und-versicherte.html).

 

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